Niklas Mieth, Yves Pratsch und Nick Bauer haben gleich mehrere Gemeinsamkeiten. Das Trio spielt zusammen für den SV Dessau 05 und stand am Freitagabend beim Auswärtsspiel gegen den BSV Halle-Ammendorf auf dem Platz. Außerdem waren alle drei noch gar nicht geboren, als die Mannschaft aus dem Schillerpark letztmalig beim BSV Halle-Ammendorf gewinnen konnte. Das war vor fast genau neunzehn Jahren, genauer am 6. März 2004. Damals im Kader: Legenden des Dessauer Fußballer, wie Martin Stutz, Peter Westendorf, Stefan Bebber und Sven Dreyer. Letzterer erzielte damals im Stadion der Waggonbauer kurz vor dem Abpfiff das 2:0 aus Sicht der Nullfünfer. Für die Führung sorgte Ray Kirst mit Beginn der zweiten Halbzeit.
Intensives Spiel auf tiefen Platz
Doch als am Freitag in Halle-Ammendorf das Flutlicht angeknipst wurde, ahnten die mitgereisten Zuschauer noch nicht, dass an jenem Abend Geschichte geschrieben werden sollte. Denn die Begegnung begann zunächst, wie man sich ein typisches Spiel zwischen den langjährigen Verbandsligakontrahenten vorstellt: intensiv, aber stets fair. Vom Start weg konnte man den Kickern aus der Bauhausstadt anmerken, dass diese sich für das Duell gegen den BSV Halle-Ammendorf einiges vorgenommen hatten. Die Mannschaft von Dimitrios Mitsis trat dominant auf, verpasste es aber sich aus dem eigenen Ballbesitz heraus zwingende Chancen zu erarbeiten. Diese wiederum konnte der Gastgeber vorweisen, wobei Chris Klarner (15. / 42.) die wahrscheinlich besten Möglichkeiten für seine Farben liegen gelassen hatte. Zunächst wollte er den heraus eilenden 05-Keeper Zicos Resvanis überlisten und verfehlte das Tor nur knapp. Danach war es der Ball, den Klarner nach einem Freistoß ebenfalls nur knapp verpasste. Es waren insbesondere die Standardsituationen, welche auf beiden Seiten stets für Gefahr sorgten. Und jene Situationen wurden aus Sicht von Mitsis für die Ammendorfer im ersten Durchgang zu oft zugelassen, weshalb der Coach in der Halbzeitpause seine Defensive neu sortierte und Winterneuzugang Ihor Spivak mit nach hinten gezogen hatte. Dafür durfte der wieder genesene Mannschaftskapitän Lukas Schuhmacher seine Position im Mittelfeld einnehmen.
Jene Umstellung sollte sich im zweiten Durchgang bezahlt machen, auch wenn sich beide Teams zunächst weiter neutralisierten und nicht viele Chancen zugelassen hatten. Erstmals richtig gefährlich wurde es in der 73. Spielminute, als Lukas Schumacher eine frühe Flanke auf Niklas Mieth geschlagen hatte, welcher schon am langen Pfosten bereitstand. Ammendorfs Jakob Kusat hatte mit viel Mühe noch zur Ecke klären können. Der anschließende von Martin Sitte getretene Eckball sollte jene Zuschauer, die ein schwarz-weißes Herz in sich tragen, erstmals jubeln lassen. Branden Stelmak köpfte den Ball am langen Pfosten stehend zurück ins Zentrum. Dort konnte Yves Pratsch die zu diesem Zeitpunkt überfällige Führung erzielen. Die Freude darüber sollte allerdings schnell wieder verklingen. Gerson Sachs konnte im direkten Gegenzug den Spielstand wieder egalisieren.
Schlussoffensive erzwingt den Auswärtssieg
Das sollte aber noch nicht alles gewesen sein. Das Team aus dem Dessauer Norden wollte den Erfolg um jeden Preis erzwingen. Bei einem Mieth-Eckball musste Branden Stelmak (89.) zunächst noch sein Visier justieren. Die in weißen Trikots spielende Mannschaft blieb offensiv gefährlich. Mit Ablauf der Nachspielzeit wurde Spivak nahe der Eckfahne regelwidrig von den Beinen geholt. Der folgende Freistoß sollte die letzte Aktion des Spiels werden und diese hatte es in sich. Martin Sitte brachte den Ball in den Fünfmeterraum. Dort stand Branden Stelmak goldrichtig und torpedierte den Ball ins Netz, ehe er in der Jubeltraube unterging. Danach war Schluss und der SV Dessau 05 konnte erstmals seit neunzehn Jahren wieder alle Punkte aus dem Stadion der Waggonbauer mit nach Hause nehmen.
Heute hat die Mannschaft gewonnen, die den Sieg mehr gewollt hatte.
Dimitiros Mitsis
Sichtlich erleichtert zeigte sich Chefcoach Dimitrios Mitsis nach der Begegnung. “Heute hat die Mannschaft gewonnen, die den Sieg mehr gewollt hatte”, lobte der Trainer die Körpersprache seiner Mannschaft und ergänzt: “Es war ein körperbetontes Spiel mit wenigen Chancen und geprägt von vielen Standardsituationen. Und diese haben wir sehr gut genutzt.”
Stelmak, der nach dem gedrehten Spiel gegen Gardelegen im letzten Jahr mit seinem späten Treffer nun schon zum zweiten Mal zum Matchwinner wurde, sah vor allem im Untergrund die Herausforderung: “Nachdem wir die letzten Spiele, sowie Trainingseinheiten nahezu ausschließlich auf Kunstrasen bestritten hatten, mussten wir uns erstmal an den größeren, schwer zu bespielenden Platz gewöhnen. Aber unser Team hat sich bereits die ganze Saison über als widerstandsfähig bewiesen. Deshalb können wir auch solche Spiele für uns entscheiden. Und dazu braucht es jeden Mitspieler im Kader.”
Am kommenden Wochenende wartet ein wahres Spitzenspiel auf die Zuschauer im Stadion am Schillerpark. Dann empfangen die Nullfünfer die U23 vom 1. FC Magdeburg auf heimischen Geläuf.